Asking for a friend

#3
Schwierige Frage

von Carola Berg

Eine Freundin fragte mich kürzlich, ob ich mir selber „schwierige Fragen stelle“. Meine erste Reaktion war Flucht: "Was? Ja, klar. Lass mich in Ruhe." Nachdem ich die Tatsache überwunden hatte, dass ich DAS für eine „schwierige Frage“ hielt, fing ich an, die Dinge zu tun, die ich normalerweise mache, wenn ich mit „schwierigen Fragen“ konfrontiert werde. In folgender Reihenfolge: Ich lehne sie ab („Was für eine dumme Frage“, „Ich habe nichts ‘schwieriges‘, was ich mich fragen sollte“, „Was soll das helfen?“). Dann quantifiziere ich sie („Ich meine, zur richtigen Zeit und am richtigen Ort, sicher, das tun wir alle.  Aber nur, wenn es unbedingt nötig ist“). Dann backe ich (derzeit: Erdbeer-Rhabarber-Kuchen).

Und während ich backe, fange ich an, diese schwierige Frage in meinem Kopf zu überdenken. 

Man sagt, Unwissenheit sei ein Segen. Die Witzversion fragt weiterfolgend, warum es in diesem Fall nicht mehr glückliche Menschen gibt. Und obwohl ich dieses Gefühl durchaus nachvollziehen kann – es wird zu einer ziemlichen Belastung, wenn neue Informationen auftauchen und man plötzlich etwas tun muss, was nicht auf der To-Do Liste stand – ist es der einzige Weg, um sich vorwärts zu bewegen. Als Individuum, als Gesellschaft, als Spezies.

Und manchmal hat man Glück: Es stellt sich heraus, dass die neuen Informationen positiv sind, oder zu guten Dingen führt. Du findest heraus, dass du ein Haus von einer bisher unbekannten aber reichen Tante geerbt hast. Oder du freundest dich mit jemand neuem an, weil ihr beide versucht, euch beim Yoga in eine seltsame neue Position zu biegen.

Aber es gibt auch die weniger guten Neuigkeiten: Zum Beispiel, dass dein Körper dir mit Hitzewallungen und merkwürdigen Schmerzen signalisiert, dass er damit fertig ist, monatlich sämtliche Energie dazu zu verwenden, schwanger zu werden. Oder dass deine Knie beim Treppensteigen plötzlich knirschen.

In diesen Fällen ist es am besten, sich den Tatsachen einfach zu stellen. Denn, wie Charles Kettering sagte: Ein gut formuliertes Problem ist halb gelöst. 

Also: vielleicht mal versuchen, das Gehirn nicht automatisch abzuschalten, wenn eine unangenehme Frage oder Situation auftaucht. Und ja, es ist oft unangenehm. Aber auf lange Sicht wird es zu guten Dingen führen, denn wenn man die neue Situation konfrontiert, merkt man schnell: Wissen ist Macht


#2
Wer stellt hier die Fragen?

Das Buch verschwand in ihrem Zimmer, und ich nehme an, dass es zwischen den Schwestern hin und her gereicht wurde. Irgendwann schienen auch ein paar Kinder aus der Nachbarschaft eingeweiht worden zu sein. Ich aber habe meinen Wunsch erfüllt bekommen: es gab keine Fragen. Vielleicht war der Grund dafür, dass das Buch ziemlich detailliert ist. Ein paar Jahre später kaufte ich ihnen ein weiteres Buch, in dem es speziell um Pubertät bei Mädchen geht. Auch hier wurden keine Fragen gestellt. Vielleicht auch, weil sie dann auch Zugang zum Internet bekamen. Und so sehr ich mir auch wünschte, dass sie mir keine zu detaillierten Fragen stellen würden, so sehr wünschte ich mir auch, dass sie die „guten Ecken“ des Internets finden würden. Die, in der Mädchen sich gegenseitig unterstützen, anstatt sich zu mobben, oder die Ecken mit der Werbung für Essstörungen und Porno- guckenden 8-jährigen Jungen. Manchmal fühlte ich mich auch sehr mutig, und sprach direkt ein „heikles“ Thema an. Doch es kam jedes mal die gleiche Antwort: „Das weiß ich doch alles schon! Was glaubst du denn, wozu es Social Media gibt?“ Jetzt, als junge Erwachsene, stelle ich erleichtert fest, dass sie die „guten“ Ecken des Internets entdeckt haben.

Doch in letzter Zeit fragte ich mich immer häufiger, warum es mir unangenehm war, bestimmte Fragen beantworten zu wollen. Ich arbeite zwar noch immer dran, aber mir ist klar geworden, dass ich zwar wissenschaftlich fundierte Antworten parat hatte, aber nicht über emotionale Dinge sprechen wollte. Zum Beispiel, wie es sich anfühlt, zum ersten mal Sex zu haben, wo die Grenze ist zwischen „Augen zu und durch“ und zum Sex gedrängt werden verläuft, oder dass (und warum) ich meine erste Periode laaaange Zeit vor meiner Mutter verheimlicht habe.

Jetzt, wo die anstrengendste Zeit des Eltern-seins vorbei ist, kann ich mich ein wenig auf mich selbst konzentrieren und anfangen, diese Fragen für mich selbst zu beantworten. Es tauchen zwar fast täglich neue Fragen auf, aber das ist auch in Ordnung. Ich stelle allerdings zunehmend fest, dass je mehr ich über all das nachdenke und mit Freundinnen darüber spreche, ich mit den Mädchen offener darüber reden kann. Und das Allerbeste daran ist, dass sie manchmal irgendwas sagen, das zeigt, dass sie selbst darüber nachgedacht haben und mir oft, auch vielleicht ohne es zu wissen, Rat geben.


von Carola Berg

Ich habe mich ein wenig umgehört: Wie sprechen andere Frauen ihr mit euren Töchtern über Sex, Pubertät und Wechseljahre? Die Antworten sind in etwa so, wie man es erwarten würde: Wir reden, aber oft nur oberflächlich. Am häufigsten hörte ich jedoch: Na ja, wenigsten nicht so, wie unsere Mütter mit uns über diese Dinge gesprochen haben! Was übersetzt bedeutet: kaum.

Als meine beiden Töchter 7 und 4 waren, recherchierte ich etwas und kaufte ihnen ein Aufklärungsbuch. Der Hauptgrund, warum ich genau dieses Buch auswählte, war, dass „konservative“ Rezensionen es hassten: Es erwähnt, unter anderem, Abtreibung, sexuelle Vorlieben und LGBTQ+ Themen. Als ich das Buch meiner älteren Tochter überreichte, waren die Worte aus meinem Mund: Sag mir Bescheid, wenn du Fragen hast. Mein Gehirn schrie allerdings: Bitte nicht! Bis heute fürchte ich mich, dass mein Gesichtsausdruck mit meinem Gehirn übereinstimmte.

#1
Ich schlage vor wir bilden einen Freund*innenkreis

Heute lässt sich das natürlich alles leicht googeln (und dann gibt’s ja noch Pornos, aber das ist ein Thema für ein andermal…). Was beim Internet aber natürlich fehlt, ist der persönliche Bezug und das Vertrauen, das eine Unterhaltung mit einer echten Person mit sich bringt. Auch helfen die 534 Millionen Suchergebnisse nicht viel. Ich habe das Glück, Freundinnen zu haben, mit denen ich über solche Themen sprechen kann. Aber ein Kreis von Frauen, die sich über all diese Themen austauschen können, ist unbezahlbar. Allein schon die Erleichterung, die man von allen Beteiligten spürt, ist eine Erfahrung in sich.

"Diese Treffen haben mich dazu inspiriert, die Wechseljahre nicht als etwas Negatives zu sehen, sondern zu erkennen, dass diese Veränderung auch ihre starken Seiten hat.“ Brene - 53 Jahre

von Carola Berg

Wir haben hoffentlich alle diese eine Freundin: die, die dir alles erzählt und auch alles fragt. Üblicherweise über Sex, aber ab einem bestimmten Alter kommen dann noch andere Themen hinzu (hallo, Wechseljahre!!). Auch wenn all die Fragen manchmal unangenehm sind, oder die Anekdoten von einem Planeten stammen, von dem du noch nie gehört hast, erweisen sie sich doch als ein ungemein wertvoller Service. Denn wie sonst kommt man auf hilfreiche, ja manchmal lebenswichtige Informationen?

 GenX Frauen, insbesondere im deutschsprachigen Raum, haben mit Sicherheit alle mal die Bravo in der Hand gehabt. Und neben den mechanischen Lektionen über Sex in der Foto-Lovestory, gab es natürlich auch das Dr. Sommer Team, dass Leserfragen beantwortet. Ich erinnere mich noch ziemlich genau daran, als ich 13 war und einen Leserbrief von einem gleichaltrigen Mädchen las, die nach Ideen für neue Sex-Positionen fragte, weil sie und ihrem Freund langsam langweilig wurde. Ich erinnere mich so genau daran, weil ich durch diese Frage das erste Mal überhaupt bewusst wurde, dass es verschiedene Sex-Positionen gab. Was genau das bedeutete, war mir allerdings noch ein Rätsel. War das wie beim Ballett, mit den fünf verschiedenen Grundpositionen? Muss man die einstudieren, mit korrekter Arm- und Fußhaltung?